The Riddle of the Booty – Tanzen im Black Atlantic
Astrid Kusser

Egal ob Juke, Kuduro, Baile Funk, Coupé Decalé, Reggaeton oder Dancehall – virtuos zu harten Rhythmen geschüttelte Hintern gehören heute auf jeden Fall dazu. Allein oder zu zweit, auf der Tanzfläche oder auf selbst produzierten Videos für You Tube, das Spektakel der schwingenden Pobacken ist rund um den Atlantik präsent. Seit dem ersten schwarzen Modetanz der Jahrhundertwende, dem Cakewalk, gibt es diese Dynamik – eine bestimmte Bewegung macht sich selbstständig und konstituiert einen neuen Modetanz. Polemisch stellt der neue Move in Frage, wie sich Körper in der Öffentlichkeit zu bewegen haben und fordert die Grenzen von Scham und Peinlichkeit heraus. Dabei wird aber kein natürlicher Körper zelebriert, sondern die Künstlichkeit der Bewegung ausgestellt. Ein unfeierliches Lachen begleitet die Geschichte des Tanzens im Black Atlantic und profaniert den natürlichen Körper der kolonialen Moderne. Was in den Tanzhallen des 20. Jahrhunderts produziert wurde, war und ist deshalb nicht nur unterhaltsam, sondern auch verstörend. Geschichte und Gegenwart des Tanzens im Black Atlantic geben Rätsel auf, die weit über die Grenzen der Tanzfläche hinausreichen.

 

CoupÉ DÉcalÉ – die Musik einer neuen Generation
zwischen Luxus und LÜge

Georg Milz

Coupé Décalé ist Hedonismus pur. Couper (franz. schneiden) ist in der Côte d'Ivoire Synonym für das Ergaunern von Geld, vorzugsweise in Europa. Danach kommt das Decaler (franz. verschieben), sich samt der Beute aus dem Staub machen, am besten zurück nach Abidjan, um sich dort dem Travailler zu widmen. Travailler umschreibt das Ausgeben des Geldes auf Partys und für teure Designerklamotten von Gucci, Armani oder Versace. 2002 in den afrikanischen Nachtclubs in Paris von einer Gruppe junger Ivorer, dem Jet Set, ins Leben gerufen, wurde Coupé Décalé der Soundtrack einer Generation in Abidjan die keine Lust mehr hatte auf Armut oder Bürgerkrieg. Mittlerweile zählt der afrikanische Partyhybrid, der sich stark an kongolesischen Rhythmen orientiert, zur populärsten Musik im francophonen Afrika. Für die ivorische Musikszene heute geht es aber nicht mehr darum, mit gestohlenem Geld in ihrem Heimatland zu prahlen. Sie wollen ihre Musik in die Clubs der Welt tragen.

 

Global Ghetto Tech, Tropical Bass und Weltmusik 2.0
Uh-Young Kim

Alle lieben diesen blassen jungen Briten, wie er über Subbässe jammert. Als ob sonst nichts in der Welt passieren würde. Dabei setzen längst neue Figuren und Sounds die Impulse auf dem globalisierten Dancefloor. Sie kommen aus den Favelas, Townships und Dancehalls des Südens und folgen den Migrationsströmen in die Metropolen. Was für die einen das Ende der fetten Jahre bedeutet, markiert für die anderen die Explosion einer neuen Vielfalt. Blogs beschleunigen die Entstehung dieser regionalen Stilhybride aus 808-Kicks und digitaler Folklore: Moombahton, Tribal Guarachero, Berlin Brega. Dabei werden althergebrachte Vorstellungen von Clubkultur und Weltmusik überrollt. Und Deutschland wird endlich tropisch. -

 
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